Der Verein Grenzenlos - Wege zum Nachbarn e. V. präsentierte am 16. Juni 2008 im Sitzungssaal des Helmstedter Rathauses in Kooperation mit der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Friedrich-Naumann Stiftung die Veranstaltung „Erschossen in Moskau“, zu der Rainer Eppelmann eigens aus Berlin nach Helmstedt gekommen war. Der Sitzungssaal des Rathauses war trotz des bevorstehenden Fußballspieles Deutschland : Österreich gut gefüllt.
Bereits am Nachmittag war Eppelmann in Helmstedt angekommen, um sich über das gleichnamige Projekt Grenzenlos des Vereins zu informieren. Der engagierte Bürgerrechtler würdigte die Arbeit des Vereins Grenzenlos insbesondere wegen seiner Bemühungen, die Geschichte der Teilung Deutschlands nicht in Vergessenheit geraten zu lassen sowie für die Aufarbeitung des Themas durch die Rundfahrt Grenzenlos und die Helmstedter Universitätstage.
Rainer Eppelmann, Minister a. D., stellte den Zuhörern am Abend im Helmstedter Ratssaal das Gemeinschaftsprojekt „Erschossen in Moskau...“ vor. Wer sich unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR politisch engagierte, ging ein hohes Risiko ein. Circa 1.000 Todesurteile wurden in Moskau an Deutschen vollstreckt. Die sterblichen Überreste wurden im Krematorium auf dem Moskauer Donskoje Friedhof verbrannt und dort in einem Massengrab verscharrt. Das Wissen darüber ist das Ergebnis des gemeinsamen Forschungsprojektes von Memorial International in Moskau, der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur und dem historischen Forschungsinstitut Facts und Fils. Das gleichnamige Totenbuch „Erschossen in Moskau ...“ enthält Kurzbiographien, der Menschen, die in Moskau den Tod fanden, und erläutert die Umstände ihrer Verhaftung. Zahlreiche Angehörige haben erst durch dieses Buch erfahren, was aus ihren Angehörigen geworden ist.
Menschen, die sich für demokratische Grundwerte einsetzten oder bestimmten Bestrebungen im Wege standen, wurden Opfer der sowjetischen Militärtribunale in den Jahren 1949 bis 1953. Konstruierte Anklagen entbehrten dabei jeglichem Rechtsempfinden. Frank Drauschke, Geschäftsführer des Forschungsinstitutes Facts und Fils, führte aus, dass der überwiegende Teil der hingerichteten Deutschen nach dem Artikel 58 des Strafgesetzbuches der RSFSR verurteilt wurden, einem sogenannten Gummiparagraphen, der sich allgemein mit „Konterrevolutionären Verbrechen“ beschäftigte. Dieser Artikel ermöglichte die Verhängung der Todesstrafe, wobei Spionage der mit Abstand häufigste Verurteilungsgrund gewesen ist. Unter den Verurteilten waren viele Menschen, die auf Grund ihrer politischen Überzeugung in das Visier von Staatssicherheit und MGB geraten waren. So gab es eine ganze Reihe Mitglieder von CDU, LDP, NDPD und SPD, die sich durch aktive politische Arbeit gegen die die wachsende Übermacht durch die SED zur Wehr setzten. Prominentes Beispiel hierzu ist der ehemaligen Bürgermeister von Potsdam, Erwin Köhler und sein Frau, die ebenfalls in Moskau erschossen wurden.
Dr. Hansjochen Kochheim und Wolfgang Schollwer berichteten als Zeitzeugen aus jener Zeit. Dr. Kochheim wurde für seine politische Arbeit verhaftet und nach Sibrien transportiert. Er berichtete über die unmenschlichen Haftbedingungen und Repressalien. Schollwer konnte die Wahlmanipulation 1949 nicht ertragen und flüchtete auf nicht ungefährlichen Wegen Richtung Westen.